In letzter Zeit war ich das Öfteren für Graphic Recording Einsätze gebucht.
Das Spannende daran ist, dass Du nie weißt, was kommt. Besonders wenn die Branchen so unterschiedlich sind wie in diesem Monat. Von der Baubranche, über Versicherungen bis hin zum Automobilzulieferer. Grundsätzlich war der Schwerpunkt immer Agilität, Management und Innovation – also Themen, in denen ich mich sehr wohl zu Hause fühle . Und dennoch – es war jedes Mal sehr aufregend und anstrengend. Ich möchte Euch mit diesem Artikel ein wenig in unser Nähkästchen blicken lassen und Euch zeigen, wie so ein Tag ablaufen kann.
Die Bauindustrie
Donnerstag 6:00 Uhr der Wecker klingelt. Schnell frisch gemacht und ab an den Tegernsee. Um 7:15 komme ich im 5-Sterne Hotel an. Als ich die Eingangshalle des Hotels betrete, staune ich nicht schlecht. Nach unten offene Würfel hängen hier von der Decke und im inneren eines jeden Würfels findet ein Workshop statt. Also schlüpfe ich in Würfel 3 – meinen Workshopraum. Auf Kopfhöhe hängt eine, von mir vorbereitete, leere Mindmap, die ich während der Workshops grafisch füllen darf. Mir zur Seite steht ein Moderator, der die Brainstorming Ergebnisse sortiert und mir zuruft. Insgesamt sind es 4 Workshops á 30 Minuten, in denen rund 25 Teilnehmer wie wild Begriffe auf mich einregnen lassen. Da die Mindmap relativ hoch platziert ist, stehe ich zum Zeichnen auf einer Leiter und versuche möglichst viele Begriffe visuell zu transformieren, also auf der Mindmap festzuhalten und so ein Gesamtbild zu konstruieren.
Nach 30 Minuten ist die Session durch. Runter von der Leiter, einen Schluck trinken, Mindmap abhängen und das nächste leere Mindmap-Template wieder aufhängen.
5 Minuten Pause sind wirklich kurz – egal – rauf auf die Leiter und es geht weiter mit der nächsten Gruppe.
Nach 2,5 Stunden ist der Spaß vorbei und ich bin erledigt. Aber glaubt mir, es ist auch großartig von einer Leiter in leuchtende Manageraugen zu blicken, wenn Du mit einem Scribble den Nerv getroffen hast.
Mittags um 13 Uhr liege ich im Bett und schlafe zufrieden für ein paar Stunden ein.
Der Automobilzulieferer
Nach einer Fahrt ins Frankenland, komme ich entspannt in einem schönen Hotel an und beginne, bei einer schönen Tasse Cappuccino mich auf das Event am kommenden Tag einzustellen, den ich mit dem iPad digital visuell begleiten soll. Es ist 17.00 Uhr, um 18.00 Uhr treffe ich den Kunden für ein letztes Briefing. Alles läuft. Um optimal vorbereitet zu sein, will ich meinen iPad-Stift aufladen und da passiert es…er geht nicht, der Stift ist leer und lässt sich nicht mehr laden. Den USB-Adapter habe ich natürlich vergessen. Erste Panik.
Ich fahre also zum Kunden, in der Hoffnung, dass jemand einen Adapter für mich hat – wenn nicht, habe ich immer noch die Chance einen Media Markt oder Saturn zu finden. Die haben immerhin bis 19.00 Uhr geöffnet. Beim Kunden angekommen ist die Veranstaltung schon in vollem Gange, für mein Stiftproblem hat nicht wirklich jemand Interesse. Was also tun? Raus und später wieder kommen? Zum Glück finde ich jemanden, der ebenfalls Besitzer eines iPads ist und noch besser: auch Eigentümer eines Apple Stiftes. Nachdem ich ihm ausführlich erklärt habe, dass sein Stift für mich am nächsten Tag lebensnotwendig sein wird, lenkt er ein und bietet mir seinen Stift als Back-up an..
Puh, erst mal das Schlimmste abgewendet. Auf dem Weg zurück ins Hotel muss ich schmunzeln, denn nachdem ich das Stift-Backup organisiert hatte, lerne ich Peter Taylor kennen, den Autor des Buches “Lazy Project Management” – wie passend.
Aber wirklich happy bin ich immer noch nicht. Denn ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, ob das mit dem Fremdstift auch wirklich klappen wird. Im Hotel angekommen, gönne ich mir noch ein Bier an der Bar und überlege und suche im Internet nach einer Lösung, wie ich meinen blöden Stift doch noch zum Leben erwecken könnte. Es scheint alles wenig erfolgsversprechend…
Als ich so auf meinem iPad herumtippe fällt mir auf, dass noch ein Update offen ist. Naja denke ich mir, beim Neustart und besonders bei einem Update zieht das Tablet ja sehr viel Strom..also versuche ich den Stift während des Aktualisierungsvorganges zu laden…und was soll ich sagen…es klappt. Ich schlafe sehr entspannt ein.
Am nächsten Tag also rechtzeitig zum Termin, Stimmungen inhalieren und los geht die Party. Der Graphic Recording Auftrag lautet: Eine Keynote und 4 parallele Workshops visualisieren. Dann alles zu einem großen Bild zusammenfassen und das Ergebnis vor versammelter Menge präsentieren.
Es klappt alles hervorragend, aber ich bin schon wieder platt – Graphic Recording in dieser Form kann echt anstrengend sein!
Da braucht man aber zeichnerisches Talent!
Das ist wohl die Aussage, mit der ich am häufigsten konfrontiert werde. Meine Antwort lautet stets: Das Zuhören und Kondensieren der vielen Informationen ist viel anstrengender und das Schöne daran – man lernt auch sonst (wenn es nicht gerade bei der Freundin ist) besser zu zuhören.
Eine weitere Frage ist oft, wie weißt Du, wo Du mit dem Bild beginnst und was dann kommt. Hier lautet die Antwort: Ich weiß es nicht! Meine Formel lautet schlicht:
Hören+Bauch = Bild
Natürlich ist das Zeichnen nicht ganz unwichtig, aber das kann man sich auch mit viel Übung erarbeiten…;-)
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