Haptische und visuelle Tools für die agile Projektwelt von Scrum und Co.

Moordboard

Keine Angst – ich will Euch nicht noch einmal die Vorteile von agiler Projektführung vermitteln. Auch möchte ich Euch in diesem Post keine Softwareprodukte zur Abarbeitung von Tasks oder zur Planung vorstellen. Nein, ich möchte gerne mit Euch über den Tellerrand hinausschauen und Euch ein paar Werkzeuge und Methoden aus dem Reich der Visualisierung vorstellen, die Euch helfen können Eure Projekte „agil“ zu gestalten.

Wenn wir über die agile Projektwelt reden, dann fallen schnell Begriffe, wie Geschwindigkeit, Transparenz, Interaktivität, Dynamik, Zusammenarbeit und Vertrauen. Um hierfür sinnvolle Werkzeuge zu verwenden, müssen diese selbstverständlich auch diesen Anforderungen entsprechen und daher sehr leichtgewichtig sein. Es kann also nicht im Sinne einer agilen Projektentwicklung sein, massenhaft Papier- und Dateienberge zu erzeugen, wenn diese Daten einem immerwährenden Wandel ausgesetzt sind.

Aber agile Projekte funktionieren auch nicht auf einer grünen Wiese. Einfach mal so mit Scrum loszulegen, ohne seine Stakeholder zu kennen, ein klares Projektziel vor Augen zu haben oder Teamprinzipien oder -regeln festgelegt zu haben wird nicht funktionieren.  Ihr merkt, gerade zu Beginn ist es wichtig, den Projektrahmen zu definieren, denn laut Definition ist jedes Projekt einzigartig und bewegt sich in einem anderen Kontext. Genau hier setzt mein erster Punkt an: Mit leichtgewichtigen, simplen Tools könnt Ihr euer Projekt in die richtige Bahn lenken, denn schließlich wollt Ihr ja nicht, dass Euer Projekt schon wieder zu Ende ist, bevor es richtig angefangen hat.

Canvas – Werkzeuge

Alexander Osterwalder und Yves Pigneur ist es gelungen mit ihrem Business Model Canvas einen wahren Canvas-Hype im Bereich der Geschäftsmodellmodellierung auszulösen. Dieses einfache visuelle Schema erlaubt es schnell und einfach Geschäftsideen sichtbar zu machen, gemeinsam zu entwickeln und zu validieren. Und auch im Projektumfeld gibt es solche Leinwände (deutsch für Canvas). Ich möchte Euch heute zwei Canvas Typen vorstellen, die Euch helfen ein Projekt von Beginn an zu strukturieren und somit Klarheit und ein gemeinsames Verständnis bei allen Beteiligten zu erzielen.

openPM-Canvas

Beginnen wir mit dem Projekt-Canvas, welches zum freien Download auf der Internet-Plattform openPM zur Verfügung steht. Mit Hilfe dieses Werkzeuges können Sie gemeinsam im Team eine Projektübersicht in grafisch, visueller Form auf Basis eines vorgegebenen Rasters entwickeln. Alles was Sie hierfür benötigen, sind das Canvas selbst, welches Sie am besten in der Größe DIN A0 an eine Wand hängen, ein paar Haftnotizen und Stifte. Beginnen Sie nun im Team das Canvas Feld für Feld mit Ihren projektspezifischen Daten zu befüllen.

Ein Wort noch zum Ausfüllen des Canvas. Ich empfehle Ihnen nicht direkt auf das Canvas zu schreiben, sondern die Inhalte auf Post-Its zu notieren und diese dann aufzukleben. Dies hat den Vorteil, dass Sie die Notizen auch schnell wieder entfernen bzw. umhängen können. Achten Sie beim Beschriften der Post-Its darauf keine Romane auf den kleinen Zetteln zu verfassen. Die Faustregel lautet: Maximal 5 Worte pro Klebezettel. Sie können Ihre Notizen auch gerne visuell anfertigen. Der Vorteil liegt darin, dass Sie mit einem Bild oder einer Skizze komplexere Inhalte besser transportieren können und diese auch leichter in den Köpfen der anderen Betrachter verharren.

Lassen Sie uns nun aber einen Blick auf das openPM-Canvas werfen:

Open Pm Canvas

Das openPM Canvas ist in vier Rubriken unterteilt. Die erste horizontale Rubrik lautet Vision und Ziel. Hier wird die Aufgabenstellung beschrieben. Die zweite Rubrik Setup dient zur Spezifikation der wesentlichen Rahmenbedingungen, die dritte Zeile Vorgehen, beschreibt das Vorgehensmodell (z.B. Scrum) und die vierte Rubrik beschriebt die grobe zeitliche Dimension.

Betrachten wir die einzelnen Felder in der Rubrik Vision und Ziel etwas genauer. Im Zentrum steht der Projekt-Scope, der Projektgegenstand. Es gilt gemeinsam zu entwickeln was im Scope ist und was nicht. Hier geht es um Abgrenzung von anderen Themen, um Klarheit zu schaffen und sich nicht zu verzetteln. Mit dem Projektgegenstand ist ein Nutzen verbunden, den sich der Auftraggeber oder Projektsponsor erhofft. Auf der anderen Seite ist ein Projekt natürlich auch mit Kosten verbunden, die letztlich dem Nutzen gegenüberstehen, diese werden im dritten Block vermerkt. Die Entscheidung über Wohl und Wehe eines Projekts ist letztlich die Abwägung zwischen Kosten und Nutzen.

Kommen wir nun zum Setup eures Projekts. Da wäre zunächst das Projektteam selbst. Wer ist im Team und wer nicht? Wer fehlt möglicherweise im Team? Was sind Erfolgskriterien für ein funktionierendes Team? All diese Fragen solltet Ihr euch beim Block „Setup“ stellen. Auch, ob genügend Sachmittel zur Verfügung stehen sollten Sie in Erwägung ziehen. Und dann solltet Ihr euch natürlich fragen, wer alles von ihrem Projekt betroffen: Die sogenannten Stakeholder sind elementarer Bestandteil unseres Projektkosmos. Nur wenn Ihr diese kennt, könnt Ihr auf sie eingehen, mit ihnen kommunizieren und sie als Unterstützer einbinden. Hier noch ein Tipp am Rande: Hängt doch je ein initial befülltes Canvas bei Euren Stakeholdern auf und lasst diese das Canvas bei Bedarf ergänzen oder verändern.

Bei der Rubrik Vorgehen legt Ihr Prozesse und Werkzeuge fest, wie z.B. Scrum. Darüber hinaus müsst Ihr euch Gedanken machen, wie Ihr in Eurem Projekt kommunizieren möchtet und Transparenz schaffen wollt. Denkt hierbei nicht nur an die formale Kommunikation, wie z.B. das Reporting, nein auch die gelebte Kommunikation im Team sollte hier beschrieben werden. Als letzten Block hätten wir noch das Thema Risiko und Qualität. Macht Euch Gedanken, wie Ihr generell mit diesen Themen umgehen möchten.

Im letzten Bereich der Zeitachse, könnt Ihr wesentliche Iterationen, Releases oder Meilensteine beschreiben. Wichtig hier ist, dass dies keine in Stein gemeißelten Daten sind, sondern als Orientierungshilfe dienen soll. Wenn Ihr nun das Canvas komplett befüllt haben, werden Ihr sehr schnell einen ersten Überblick über Euer Projekt erhalten.

Role Model Canvas

Ebenfalls essentiell für einen guten Projektstart ist eine saubere Rollenklärung. Um auch hier schnell und einfach eine gute Übersicht zu erhalten, eignet sich hervorragend die Verwendung des Role Model Canvas. Ist beispielsweise in einem Scrum Team klar, was genau die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Product Owners sind, wie und mit wem der Srcum Master Informationen austauscht, oder für was das Entwicklungsteam nicht zuständig ist? In der Theorie vielleicht ja, aber auch in der gelebten Praxis?

Das Role Model Canvas hilft anhand von acht vordefinierten genau dies in den Köpfen des Teams zu verankern.

Role Model Canvas

Sehen wir uns die 8 Felder einmal genauer an. Da hätten wir zunächst das Feld Mission & Ziele. Notiert hier was der Zweck der Rolle ist. Solltet Ihr keine Ziele der Rolle nennen können, solltet Ihr ernsthaft hinterfragen, ob die Rolle überhaupt benötigt wird.

Springen wir nach rechts zu den primären Aufgaben. Vermerkt hier, was die primären Tätigkeiten der Rolle sind. Achtet darauf nicht zu detailliert zu werden. Denn wie der Name des Feldes schon sagt, es geht um die Hauptaufgaben. Schauen wir uns nun die gegenüberliegende Seite, das Feld Verantwortet und Entscheidet: Notiert hier, wofür diese Rolle verantwortlich ist und wo und wann Sie Entscheidungen treffen muss. Gleich daneben finden wir das Feld NEIN. Notieren wir hier, was wir nicht tun. Dies hilft uns unsere zu definierende Rolle klar abzugrenzen.

Zwischen den Feldern Mission und primäre Aufgaben befindet sich das Feld Tools. Beschreibt hier rollenspezifische Kommunikationswege, Kommunikationswerkzeuge und Arbeitsmittel.

Sehen wir uns die beiden Felder im unteren Bereich des Canvas an: Im Feld Unterstützung notiert Ihr, von wem die Rolle Unterstützung benötigt, bzw. wen die Rolle aktiv unterstützt. Im Feld Informationstransfer geht Ihr ähnlich vor: Beschreibt, wen die Rolle wann an ihrem Wissen (zwingend) teilhaben lassen sollte und wie der Informationsaustausch geregelt wird. Notiert aber auch, von wem die Rolle wann Informationen erhält bzw. erhalten sollte.

Bleibt zum Abschluss noch ein Feld: Die Hinweise. Dieses Feld ist ein Platzhalter, für alles was nicht in die anderen Kategorien passt. Man könnte also sagen ein Joker-Feld.

Füllt auch dieses Canvas im Team aus und ermittelt so schnell unterschiedliche Ansichten und mögliche Konflikte. Ihr könnt das Canvas auch mit anderen agilen Techniken kombinieren. So könnt Ihr zum Beispiel das Rollen Canvas mit dem Delegation Poker von Jürgen Appelo koppeln. Appelos Delegation Poker ordnet Aufgaben sieben Delegationsstufen zu. Von „der Chef weist an“, bis hin zu das „Team entscheidet selbständig und muss den Chef nicht einmal informieren“. So kann schnell ermittelt werden, ob die Aufgaben auch richtig zugeordnet wurden.

Das Role Model Canvas können Sie übrigens kostenfrei unter folgendem Link, direkt bei uns beziehen.

Mood Board

Aber nicht nur Canvas Modelle können Ihnen die Arbeit erleichtern, nein auch die Verwendung von Boards kann, gerade in agilen Umgebungen, sehr hilfreich sein. Bestimmt haben Sie schon einmal von Kanban-Boards, Story Boards oder einfachen Task Boards gehört. Diese haben sind mittlerweile etablierte Tools bei agilen Teams. Aber kennen Sie auch das Mood Board?

Gerade zu Beginn eines Projektes muss sich ein Team erst finden. Das Thema Empathie bleibt hierbei oft auf der Strecke, sei es aus Gründen der Unsicherheit, Unwissenheit oder aus purem Kompetenzgerangel oder Machtstreben heraus. Das Mood Board hilft, gerade in dieser Findungsphase, ein besseres Miteinander zu entwickeln.

Alles was Sie für das Mood-Board benötigen, sind ein großes Blatt Papier und ein paar gezeichnete Smileys.  Zeichnen Sie auf das Papier (am besten ein Flipchart) eine einfache Matrix. In den Spaltenköpfen vermerken wir die Wochentage und in den Zeilen die Namen der Teammitglieder. Zeichnen Sie nun pro Teammitglied und Wochentag je einen freudigen, einen neutralen und einen traurigen Smiley… und überreichen Sie dieses Paket an die jeweiligen Teammitglieder.

Die Aufgabe eines jeden Teammitgliedes besteht nun darin, seine Stimmungslage an jedem morgen mit Hilfe eines der drei Gesichter zu dokumentieren. Nach nur wenigen Tagen wird sich Ihr Moodboard füllen und die aktuelle Gemütslage der Teammitglieder transparent werden.

Wie unserem Beispiel hier, wird allen Mitarbeitern relativ schnell die schlechte Laune von Paul auffallen. Und damit haben wir auf einfache Art und Weise unser Ziel erreicht. Sie werden feststellen, dass die Kollegen aufmerksamer für einander sind und sich gegenseitige Empathie entwickeln wird.

MoordboardGrundvoraussetzung für den Einsatz dieses Tools ist Vertrauen im Team und ein respektvoller Umgang miteinander. Sollten diese beiden elementaren Voraussetzungen nicht vorhanden sein, wird Ihnen auch dieses Tool nicht wirklich weiterhelfen. Lebt den Umgang mit dem Tool vor! Und zwar ehrlich! Auch als Chef kann es durchaus positiv sein, wenn die Kollegen versuchen, Euch aus einem Tief zu helfen. Räumt das Board am Ende einer Woche leer und…denkt nicht einmal im Traum daran die Ergebnisse zu dokumentieren oder mit einem Foto festzuhalten. Denn wie gesagt, es geht hier um Vertrauen und nicht um das Ausnutzen von Offenheit.

Agilität bedeutet auch neue Wege zu gehen und Mut zu haben Dinge auszuprobieren. Es bedarf nicht immer „Rocket-Science“ oder teurer Tools, um wirkungsvolle Ergebnisse zu erzielen. Solltet Ihr mehr Appetit auf visuelle Methoden bekommen haben, darf ich Euch unser Buch „Business Visualisierung – ein Reiseführer für Neugierige und Visionäre“ ans Herz legen.

 

 

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